Utopien
Obioma Chukwuike: Ich hab mir schon immer eine Welt vorgestellt, in der inter* Personen die Freiheit haben, zu sein, wer immer sie auch sein wollen. Ihr Leben zu leben, und niemand stellt ihnen Fragen. Sie wachsen auf und sind, was sie sein wollen.
Eliana Rubashkyn: Wie ich mir ein Utopia vorstelle, ist es ein Ort, an dem wir als Menschen die Existenz jeder einzelnen Person anerkennen und feiern. Und es sind die vielfachen Dimensionen, die diese Vielfalt erzeugen. Für inter* Menschen wird diese Vielfalt unsere Körper sein, und das Fest, dass Körper dazu bestimmt sind, gefeiert und geliebt zu werden, egal wie sie sind und egal wie sie sein sollten. Unsere Körper sollten gefeiert werden, allein aufgrund der Tatsache, dass wir Menschen sind, also das zu feiern, was eigentlich Korpo-ralitäten sind und was ich Korpo-Realitäten nennen würde.
Mani Bruce Mitchell: Ich denke das ist wirklich, wirklich wichtig. Wir brauchen unsere eigenen Worte, unsere eigenen Bilder, um dann das zu tun, was wir heute Abend tun, also zusammenzusitzen und zu träumen und zu lachen und uns eine Welt vorzustellen, wo du glücklich sein kannst, und wo du dich wohlfühlen kannst mit diesem einzigartigen und wundervollen Körper, der dir gegeben wurde.
Crystal Hendricks: Weisst du, ich stelle mir eine Welt vor, in der auf so einer Insel alle alles miteinander teilen, wo es all dieses Obst gibt, all die Tiere, alle einfach in perfekter Harmonie zusammenleben. Kinder, die im Meer spielen, weisst du, einfach frei, die einfach ihr Leben leben und einfach nur da sind. (Hiker lacht)
Hiker Chiu: Es scheint mir, als wäre wo ich wohne ziemlich nah an deiner Fantasie, weil ich ja auf einer tropischen Insel lebe.
Crystal Hendricks: OK, ai, ich auch ...
Hiker Chiu: Hier spricht Hiker Chiu. Ich bin in Taiwan ansässig.
Crystal Hendricks: Mein Name ist Crystal Hendricks. Ich bin aus Südafrika. Ich komme von einer Organisation, die Intersex South Africa heisst.
Mauro Cabral Grinspan: Für mich klingt so ein inter* Utopia wie etwas wirklich leicht Erreichbares. Weisst du, das wäre überall dort, wo inter* Menschen leben können so wie wir sind, ohne in der Kindheit medizinischer Gewalt oder anderen Formen von Gewalt ausgesetzt zu sein. Aber als Utopie ist es gleichzeitig auch, also, nicht so sehr wie »Oh mein Gott, das ist ja so anders« oder, dass es eine komplett andere Welt wäre. Es ist halt so, dass eine Sache anders sein wird, aber diese eine Sache bedeutet alles. Wenn ich darüber nachdenke, was inter* Menschen von anderen Leuten unterscheidet, also ... wir sind untereinander alle anders. Der Hauptunterschied ist: wir wurden natürlich mitbestimmten Körpern geboren. Aber jeder Mensch wird mit einem Körper geboren, oder einem anderen, oder noch einem anderen. Es ist vor allem die Erfahrung von Gewalt. Also für mich wäre ein Utopia ein Ort, an dem Menschen diese Erfahrungen nicht erleben müssen. Das wiederum macht es mir schwer, mir vorzustellen, dass Utopia – aus meiner Perspektive – nur in der Zukunft stattfinden wird. Weil ich wirklich gerne an einem Ort leben würde, wo Menschen das nicht haben. Sich ein inter* Utopia vorzustellen, das wäre eine Welt, in der alle sicher sind; alle inter* Menschen sind sicher, und zwar vom Augenblick ihrer Geburt an. Und, dass das ihre Realität ist, und dass sie sich daran erinnern, was früher passierte, dass aber von uns hier tatsächlich niemand am Leben ist. Niemand, kein lebender Mensch würde Gewalt erfahren haben. Es ist so, als wären wir wirklich in der Vergangenheit. Also ist es nicht so, dass wir uns erinnern, oder ... Nein. Also, dass Menschen sich erinnern, weil wir uns halt an die Vergangenheit erinnern, aber nicht, weil wir immer noch Zeugnis ablegen. Ich würde wirklich gerne in einer Welt leben, die so anders ist, dass keine Person, die in dieser Welt lebt, jemals Gewalt erfahren hätte. Oder diese bestimmte Form von Gewalt.
Eliana Rubashkyn: Dann, denke ich, werden wir an einen Punkt kommen, an dem wir beginnen auch die in den Körpern von inter* Personen verkörperten Geschichten zu feiern. Und das wird sich tatsächlich in bessere Erfahrungen übersetzen. Denn in meinem Utopia, das wäre eine Welt, in der du tatsächlich Glück gehabt hast, wenn du inter* bist. Denn die Menschen werden dich gerne feiern, oder du wirst etwas Besonderes sein. Du wirst dieses einzigartige Geschenk der Natur haben. Du hast einen besonderen Körper und du hast eine Superkraft in deinem Körper. Du hast eine wunderschöne Manifestation, die einfach zeigt, wie schön die Natur sein kann.